Neumaschinen für die Kollegen
Mit einem spannenden Geschäftsmodell lässt die Firma Schernthaner Landschaftsbau in Neuried die Mitbewerber im Großraum München aufhorchen: Der Landschaftsbaubetrieb vermietet seine neuen Geräte auch an Kollegen – eine Win-win-Situation für beide Seiten.
Ganze 41 Neumaschinen auf einen Schlag? Das klingt nach einer unglaublichen Geschichte – zumindest für einen Landschaftsbaubetrieb. Doch wer sich das Konzept dahinter ansieht, erkennt schnell den Charme, den die Geschichte hat. Denn Senior und Junior Josef Schernthaner – Inhaber des 100-Mann-Landschaftsbaubetriebs im Münchner Südwesten – haben sich etwas ausgedacht, das viele aufhorchen lassen wird. Wenn es funktioniert, könnten viele Landschaftsgärtner – egal welcher Größe – davon profitieren.
Das Schema ist einfach erklärt. Ein großer Betrieb nutzt seine Wirtschaftskraft und seine Einkaufsmacht, um zu günstigen Konditionen eine größere Flotte Maschinen in Langzeitmiete zu nehmen. Diese Maschinen tauscht er nach drei Jahren zu festen Konditionen aus. In der Zwischenzeit werden die Maschinen nicht nur von dem Betrieb selbst genutzt – etwa um Arbeitsspitzen abzufedern –, sondern sie werden auch an Kollegen vermietet – mit An- und Abfuhr und bei Bedarf auch mit Fahrer. Der Vorteil für beide Seiten: Der Betrieb steigert die Auslastung der Maschinen, erhöht seine Flexibilität, senkt die Einsatzkosten und verjüngt seinen Maschinenpark, ohne die Liquidität anzugreifen. Die Mieter wiederum bekommen von einem vertrauten Partner zu fairen Preisen Neumaschinen gestellt und geliefert. Schließlich kann der Betrieb anders als die Mietstationen kalkulieren – weil er Infrastruktur, wie Werkstatt, Betriebsfläche, Büros und EDV, ohnehin vorhält und Maschinen zum Teil selbst auslastet.
So weit, so gut. Aber lässt sich ein solches Konzept auch umsetzen? „Ja“, sagen die Schernthaners. Und wer den Betrieb und die Unternehmer kennt, wird den beiden abnehmen, dass die Sache wohl überlegt ist. Josef Schernthaner senior ist eher ein konservativ operierender Unternehmer. Er hält nicht viel von neumodischen Werten und flotten Sprüchen. Auch wenn der Österreicher als Schatzmeister und Vorstandsmitglied des VGL Bayern lange Jahre Verbandsarbeit geleistet hat, so war das Rampenlicht seine Sache nicht. Zusammen mit seinem Bruder hat er derweilen eher unauffällig das Unternehmen des Vaters ausgebaut, das neben dem Landschaftsbaubetrieb auch ein großes Kompostwerk und eine Kiesgrube beinhaltet. 18 Mio. Euro Umsatz dreht der Betrieb im Jahr. Durch geschickte Diversifizierung und den Aufbau von Wertschöpfungsketten hat er dem Unternehmen eine breite Basis gegeben. Denn es ist nicht nur Dienstleister für Auftraggeber jeder Größe, sondern auch Auftragnehmer der Mitbewerber – etwa als Lieferant von Kies, Sand und Humus sowie als Abnehmer von Aushub und Grünschnitt. Das Humuswerk und die eigene Kiesgrube machen es möglich.
Zuletzt hatte sich der Senior für die Energiegewinnung interessiert und anfangs mit dem Bau einer Trockenfermentationsanlage der jüngst abgewickelten BGL-Tochter GaLaBauEnergy geliebäugelt. Doch blieb er am Ende zurückhaltend – auch ein Beleg für umsichtiges Investitionsverhalten.
Wenn Vater und Sohn nun also bei den Maschinen zugeschlagen haben, dann deshalb, weil Sie ein gutes Gefühl bei der Sache haben – auch weil die Schernthaners bei den Kollegen einen guten Ruf haben und für ein faires Miteinander stehen. Denn der gute Ruf und das Verhältnis zu den Kollegen sind wichtig für das Geschäftsmodell. Die Unternehmer stehen für das Motto „leben und leben lassen“. Der Betrieb wird familiär geführt – und das nicht nur, weil die ganze Familie involviert ist. Auch die Mitarbeiter sind in die große Familie Unternehmen eingebunden. Und so, wie innerhalb der Firma ein bestimmter Wertekanon gilt, so legen die Firmeneigner auch Wert auf das Verhältnis zu Lieferanten und Kollegen. „Ich kann auch als großer Betrieb Subunternehmer für einen kleinen sein“, sagt der Senior. Da vergebe er sich nichts. Und überhaupt wirbt der Unternehmer für mehr Partnerschaftlichkeit, für mehr Wertschöpfung, die in der Branche bleibt. Und in der Tradition dieser Auffassung sehen Schernthaner und sein Sohn auch ihr Mietmodell.
Hart für gute Konditionen verhandelt
Die Idee hatten die beiden schon lange. Doch im vergangenen Jahr wurde daraus ein Entschluss. Die Auftragslage war hervorragend, der eigene Maschinenpark reichte bei Weitem nicht aus, viele Maschinen hätten zusätzlich gemietet werden müssen. Deshalb konkretisierten Vater und Sohn das Mietmodell, kalkulierten die Zahl der benötigten Maschinen, verhandelten mit der Versicherung und legten ein Budget fest, das sie für die Maschinen auszugeben bereit und in der Lage waren. Außerdem bauten die Unternehmer Ausstiegsszenarien ein.
Mit ihrem fertigen Konzept traten die Schernthaners an mehrere Hersteller heran. Doch die Begeisterung bei vielen Etablierten hielt sich in Grenzen. Das Problem: Durch die Verkaufsstrukturen brauchen viele Anbieter große Margen, um die Zwischenhändler zu finanzieren. Selbst bei Abnahme von 10, 15 oder 20 Maschinen blieben die Abschläge im unteren einstelligen Bereich. „Der Unterschied beim Kauf von einer Maschine oder 15 Maschinen hätte pro Gerät gerade mal 1 000 Euro betragen“, erzählt Schernthaner junior – einige Partner hätten gesagt, das Modell sei zu den Konditionen unmöglich umzusetzen. Dass es am Ende doch geklappt hat, war auch etwas Glück, alpenländische Beziehungsarbeit und eine gute Portion Gespür für die Marktlage. Einig wurden sie sich schließlich im vergangenen Sommer erst mal mit einem Takeuchi-Händler. 15 auf der Messe in Nürnberg georderte Komatsu-Radlader rundeten schließlich den Deal ab. In drei Jahren werden die Verhandlungen mit unterschiedlichen Herstellern wiederaufgenommen.
Die insgesamt 41 neuen Maschinen von Takeuchi (26 Bagger von 1,5 bis 21 t) und Komatsu (15 Radlader mit etwa 1 m³ Schaufelinhalt) stehen nun seit Dezember auf einem neuen Lagerplatz, den das Unternehmen ohnehin erwerben musste, um die Lkw unterzubringen. Auf dem engen Betriebshof war weder für die Lastwagenflotte noch für die neuen Baugeräte Platz.
Die ersten anderthalb Monate des neuen Geschäftsfeldes liefen schon mal viel besser als von den Schernthaners erwartet. Dann kam der Winter. Mit dem Saisonstart soll es nun richtig losgehen. Eine eigene Webseite ist noch vor dem Jahreswechsel an den Start gegangen und Johann Detlev Niemann, vielen in der Branche als ehemaliger Leiter der Akademie Landschaftsbau in Weihenstephan bekannt, soll beim Marketing Unterstützung leisten.
Mehr als fünf Gründe für die Mieter
Noch ist das Vermietgeschäft nur ein eigener Rechnungskreis im Landschaftsbauunternehmen. Das soll sich natürlich ändern, wenn das Geschäft läuft. Ein kleines Programm, das sich die Schernthaner haben schreiben lassen, erlaubt die Disposition der Maschinen. Die Versicherung läuft über die Allianz – im Rahmen der regulären Maschinenversicherung aber unter Berücksichtigung des Vermietgeschäfts. „Wir zahlen um die 150.000 Euro im Jahr Versicherung“, meint der Senior. „Wenn wir jetzt 20 Maschinen mehr im Jahr versichern, haben wir ganz andere Konditionen, als wenn Sie im Jahr mal für 14 Tage eine Maschine ausleihen.“
Das ist einer der Gründe, weshalb die Schernthaners den Kollegen ein „preislich interessantes“ Angebot machen können, wie es der Junior formuliert. Die eigene Auslastung, die mitgenutzte Infrastruktur und die günstigen Einkaufskonditionen sind weitere Gründe, weshalb der Landschaftsbaubetrieb preiswerter vermieten kann als manche Station. Dazu kommen für die Mieter als Vorteil die Zuverlässigkeit, immer denselben Ansprechpartner zu haben, der Komfort, dass die Maschine gebracht sowie abgeholt wird und es bei Bedarf einen Schernthaner-Mitarbeiter als Fahrer gibt. „5+“ nennt Niemann das Angebot – Vermietung + Lkw + Bediener + Lieferung + Entsorgung von auf der Baustelle anfallendem Material. Das letzte „+“ steht für die vielen weiteren Optionen. Denn das Konzept ist ausbaufähig. So können Kollegen die Maschinen auch zu relativ günstigen Konditionen aus dem Mietvertrag herauskaufen – als Halbjahres- oder Jahresmaschinen zum Beispiel. Auch können sich die Schernthaners vorstellen, Angebote der Mietstationen und der Spezialvermieter zu übernehmen. Mit einem befreundeten DAF-Händler sind die Verhandlungen schon weit gediehen und auch die Vermieter zeigen sich interessiert – frei nach dem Motto: lieber dabei sein und nur einen Teil des Geschäfts machen, als sich weitere Teile abnehmen zu lassen.
Für das Unternehmen hat die Sache schon jetzt positive Auswirkungen: Es bekommt viel bessere Mietkonditionen angeboten und wird auch von den Händlern mit anderen Augen betrachtet. Und als Anfang Dezember die Temperaturen auf –15 °C fielen und alle älteren Radlader Batterieprobleme bekamen, konnten die Schernthaners zufrieden auf den neuen Maschinenpark blicken. Dass den Mitarbeitern die neuen Geräte auch Spaß machen, darf wohl vorausgesetzt werden. Jetzt, wo es bald losgeht, wird es manchem Maschinenführer schon in den Fingern jucken.
Tjards Wendebourg, Redaktion DEGA GALABAU, Ausgabe 3/13
Quelle & © DEGA online, 26.2.13
Link zum Original Artikel: http://www.dega-galabau.de